Sonst sind wir ein Gottesstaat

Helmut Ortner im Gespräch mit Bernd Leukert

Sonst sind wir ein Gottesstaat

Foto: Pixabay.com / Tama66

Das Verhandeln der unterschiedlichen Standpunkte mit dem Ziel, einen tragfähigen Kompromiss, den Ausgleich der Interessen zum Wohle des Staates zu erreichen, das nennt man Politik. Dass in Deutschland die Kirchen dabei im Namen Gottes mitsprechen, stellt ein Problem dar, über das niemand öffentlich diskutieren will. Helmut Ortner, Autor und Herausgeber des Buches „Exit. Warum wir weniger Religion brauchen“, erklärt im Gespräch mit Bernd Leukert, warum das so ist.

Bernd Leukert: Nachdem Sie nun Ihr Buch „Exit. Warum wir weniger Religion brauchen. Eine Abrechnung“ veröffentlicht haben, frage ich Sie: Können wir in Deutschland einen laizistischen Staat verwirklichen?

Helmut Ortner: Ich bin eher skeptisch – aufgrund der Historie. Die Dominanz der Kirchen, der großen Kirchen – gemeint sind die evangelische und die katholische – begründet sich historisch in einer unglaublichen Staatsnähe. In Weimar hat man mal kurzfristig versucht, das aufzutrennen mit der Frage, welche Neutralitätsrolle der Staat einzunehmen hat. Die Väter und wenigen Mütter – vier Frauen! – des Grundgesetzes haben leider entscheidende Teile der Weimarer Gesetzgebung nicht übernommen. Und die, die sie übernommen haben, haben bis heute noch nicht gegriffen: Sie haben keinerlei Auswirkung. Die Staatsleistung – das Konkordat – wird nicht abgelöst, obwohl es nach der gesetzlichen Formulierung längst hätte geschehen sollen. Über eine halbe Milliarde Euro jährlich, unabhängig von anderen Dingen, wie die Einforderung von Kirchensteuern, und anderen Subventionen und Privilegien. Die Staatsleistungen werden geleistet. Und ich glaube, auch wenn es – überwiegend in Deutschland – ein, so nenne ich das, Folklore-Christentum gibt, die Bindung, die Vorstellung, dass dieser Staat gottlos sei oder werden könnte, beunruhigt die meisten Menschen. Sie haben eine diffuse, aber sehr hartnäckige Bindung an ihre Religion.

Nun gibt es einerseits die Kirchenaustritte, die nie so stark waren wie jetzt, auf der anderen Seite nähme man ihnen mit dem Laizismus nicht den Gott, sondern trennt nur Staat und Kirche. Das heißt, die Idee des Laizismus ist: Die Kirche soll nicht in politische Prozesse eingreifen dürfen, und niemand soll sich auf etwas Höherwertiges berufen können, etwa, wenn er auf die Bibel schwört vor Gericht oder bei der Ministervereidigung.

Aber die Gottesformel: „So wahr mir Gott helfe“ bei der Vereidigung der Bundesregierung – die meisten schwören auf Gott – sondern auch als Standardformel in den Gerichtssälen, das heißt, es gibt ein göttliches Über-Ich, das ist die große moralische Instanz, die sich über alles Irdische erhebt. Das ist bei uns noch sehr prägend. Und natürlich, die Trennung von Kirche und Staat, das Neutralitätsgebot, greift hier nicht. Und es gibt keine politische Partei, weder links noch rechts – von rechts ohnehin wenig, von den Konservativen; aber man könnte es von den Sozialdemokraten und den Grünen erwarten – die das thematisiert und in die politische Debatte bringt. Das Neutralitätsgebot beginnt ja schon im Bekenntnisunterricht in den Schulen, bei den Kruzifixen in den Gerichtssälen. Es ist kein politischer Impuls feststellbar. Meine Vision ist: Eine Demokratie, ein Rechtsstaat – da bin ich Verfassungspatriot – muss selbst gottlos sein. Das ist die Voraussetzung dafür, dass Religionsfreiheit überhaupt möglich ist. Sonst sind wir ein Gottesstaat. Ich kann es auch noch auf eine prägnantere Formel bringen. Nach meinem Verständnis schützt der Rechtsstaat immer den Gläubigen, aber nie den Glauben. Und das ist der entscheidende Punkt. Das sind keine akademischen Debatten. Die gehen in das Politische hinein. Und wenn ich das ernst nehme, würde eine konsequente Trennung von Kirche und Staat die Voraussetzung einer Demokratie sein. Aber es gibt gewachsene Abhängigkeiten. Es gibt sogar eine Komplizenschaft, eine politische wie mentale Komplizenschaft, die das verhindert. Das ist sehr ernüchternd. Bei uns wird ja auch der Begriff ‚Laizismus’ nur in einem besonderen Korridor diskutiert: Zurückdrängung der Kirche, Kirchenaustritte, und die Leute haben immer noch einen Gott, es wird immer noch sonntags geläutet und gebimmelt, wir haben immer noch eine Vielzahl an Feiertagen, wir haben freitags Tanzverbot und andere Albernheiten, und restriktive Geschichten: im Rundfunk darf an bestimmten Tagen nur klassische Musik gespielt werden – meiner Ansicht nach ist das alles demokratiefeindlich, weil es sich überhaupt nicht verträgt mit meinen Vorstellung von Demokratie. Aber es wird hingenommen. Das heißt, es gibt eine mentale Melange von Abhängigkeit, von Gewohnheit und Tradition, die das geschehen lässt. Den Begriff ‚Laizismus’ zu füllen, bestimmt hier überhaupt nicht die politische Agenda, und vor allem nicht da, wo ich es erwarten könnte: in Parteien, die eben nicht aus der konservativen, christlichen Tradition kommen.

Die Liberalen sind damals antiklerikal angetreten.

So ist es. Von der liberalen Partei, von der sozialdemokratischen übrigens auch, erwarte ich eine antiklerikale, grundsätzliche politische Arbeit. Und die sehe ich nicht. – In Spanien und Italien gibt es den Volksglauben. Der ist wie Folklore und sehr vermittelt, in Südamerika ohnehin, in Osteuropa auch. Den haben wir hier nicht mehr in dieser Weise. Wir haben den Event-Glauben. Es ist albern, dass Hochzeiten heute als Event stattfinden. Das hat nicht mit Substantiellem, mit Glauben zu tun. Und aus der Kirche auszutreten – da ist man dann doch noch ein Teil der Community. Das erinnert an Fußballfans, die keine Ahnung von Fußball haben, aber „Deutschland!“ grölen, wenn mal der Ball rollt, aber die Abseitsregeln nicht erklären können.

Kann es sein, dass die Verflechtungen sozialer Institutionen mit kirchlicher Trägerschaft auch diesen Schritt zur Demokratie hin verhindern?

Natürlich. Wir haben die gesamten sozialen Institutionen, die Caritas, die Diakonie, die auch riesige Arbeitgeber sind, die fast flächendeckend den sozialen Bereich, Altenheim, Pflegeheim bis Kindergarten abdecken.

Aber nie ohne die Förderung des Staates.

Sie sind fast zu 100 Prozent gefördert, dazu mit einem eigenen Arbeitsrecht, das arbeitsrechtliche Standards definiert, was außerordentlich problematisch ist. Da sieht man auch die Allianz, historisch begründet, in den letzten Jahrzehnten. Da haben diese kirchlichen Institutionen sozialstaatliche Aufgaben bekommen oder sogar okkupiert – je nach dem, wie Sie es wollen. Und das gibt ihnen auch eine Stärke, eine Dominanz, die in Veränderungsprozessen, in Diskussionen um Säkularisierung, um Laizismus schwierige Barrieren errichten. Im Alltag, wenn Sie ein Kind haben und suchen einen Kindergartentagesplatz und Sie sind nicht gerade in einer Großstadt, wo es Kitas gibt, sondern auf dem flachen Land, dann sind Sie sofort in einer religiösen Einrichtung der katholischen oder evangelischen Kirche. Die betreiben die Kindergärten, die Altersheime und Krankenhäuser usw. Und das ist eine gewachsene Struktur, auf die die meisten Politiker unglaublich stolz sind. Sie erkennen gar nicht, dass hier permanent auch auf diesem Feld Einflussnahmen geschehen, die so überhaupt gar nicht akzeptabel sind. Da geht das, etwa in Kliniken, bis hin zur Sterbehilfe, also zu der Frage des selbstbestimmten Sterbens. In allen gesellschaftlichen Bereichen und Facetten hat Kirche noch – Rundfunkräte! –wie auch immer im kulturellen, politischen Bereich ein Mitspracherecht, eine Dominanz, die ich fragwürdig finde. Und ich würde sagen, ich finde sie – nicht demokratiefeindlich, sondern demokratieverhindernd und – gefährdend.

Im Gegensatz zu Italien oder Frankreich hat sich der deutsche Staat verpflichtet, die Kirchen zu erhalten.

Ja, und mit den Konkordatsverträgen, die ja immer noch wirken, hat er sich in vertragliche Abhängigkeiten begeben. Der Staat, – mir erscheint das nicht nur von der Grundierung: Wir sind das christliche Abendland, Staat und Kirche ist ein Bündnis, historisch wie aktuell unzertrennbar. Die Kirche wird ja auch in Politikerreden permanent zitiert, wenn es darum geht, was die Religion mit unserer Justiz, unserer Moral und unseren Gesetzen zu tun hat. Das stellt ja keiner in Abrede.

Das ist gewachsen, das ist eine Allianz, die ist so geübt und so gelebt und so abhängig voneinander, dass es ganz schwierig ist, da politische Strukturen – und das funktioniert ja nicht nur zivilgesellschaftlich oder publizistisch, da kann man das ja machen – in die Realpolitik, in den parlamentarischen Kontext zu bringen. Sie können das explizit am Religionsunterricht festmachen. Da hat sich ja unsere Gesellschaft verändert. Sie ist pluraler geworden. Man hätte ja dann sagen können: Wir können nicht mehr sagen, evangelisch, katholisch und vielleicht noch ein paar Heidenkinder, die dann mehr atheistisch grundiert sind, sondern wir haben plötzlich moslemische, vor allem in Berlin auch jüdische Kinder. Und jetzt machen wir vier Klassenzimmer, da gehen die alle rein. Wäre es nicht klüger, die alle in einen Raum zu bringen und zu sagen, statt Glauben unterrichten wir Wissen, Ethik? Wir reden natürlich über eure Religion, wir tauschen uns aus. Dann lernen wir vielleicht, uns zu respektieren. Und natürlich sitzen da auch ein Atheist und ein Buddhist und alle Glauben. Darin würde ich noch etwas Sinnhaftes sehen. Aber in dem Maße, wie man die Separierung fortschreibt, knüpft man an ein Gesellschaftsbild an, das sich in gewisser Weise auch ablöst von einer Gesellschaft, die auch kulturell viel vielschichtiger ist. Man hält also daran fest, als würden wir noch in den 50er, 60er Jahren leben mit zwei großen Kirchen. Das geht so weit, dass wir jeden Samstag in Deutschland – in anderen Ländern gibt es das vielleicht gar nicht mehr – ein Format haben, das in gewisser Weise unter Denkmalschutz steht. Das ist das ‚Wort zum Sonntag’ im Fernsehen, wo jeden Samstag Abend vor der Sportschau, vor dem Fußball ein evangelischer, abwechselnd mit einem katholischen Pastor vier Minuten die Ansprache hält. Das ist möglich nach den Rundfunkgesetzen und bildet exemplarisch das Dilemma ab.

Wenn man von Korruption und dem immer noch unterschätzen Lobbyismus absieht, muss man sich fragen, wie wir unsere Demokratie, die immer beschworen wird, definieren. Wie kann man sie denn definieren? Wo funktioniert sie denn und wo nicht?

Demokratie ist nichts Statisches. Demokratie ist auch keine Einbahnstraße. Demokratie ist kein Selbstbedienungsladen. Demokratie ist andauernder Diskurs. Das ist der Wettbewerb um Meinungen. Und bei allem müssen wir am Schluss zum Kompromiss kommen. Das ist das Faszinierende, aber auch das Schwierige. Sonst gehe ich in die Diktatur. Da geht alles schneller und einfacher. Natürlich müssen wir feststellen, Demokratie, die heute emanzipative Prozesse, die nicht mehr aufzuhalten sind, ermöglicht, dass Globalisierung ins Nationale hineingeht, dass hier Probleme aufbrechen, dass Kultur- und Moralvorstellungen in einer offenen Welt miteinander kollidieren, macht es schwieriger, einen Konsens fürs Gemeinwesen, fürs Miteinander zu finden. In der Demokratie muss man so etwas wie einen Leitfaden haben. Das kann nicht der Koran sein oder die Bibel. Das kann nur das Grundgesetz sein, die Verfassung eines Landes. Darauf müssen wir uns einigen, – wie im Straßenverkehr. Sie können gerne einen Porsche oder Fiat oder Fahrrad fahren oder Fußgänger sein. Wir müssen uns darüber einigen, dass es Verkehrsregeln gibt. Bei Rot hält man, bei Grün darf man fahren. So ähnlich ist es auch in der Demokratie. Demokratie hat ihren parlamentarischen Ablauf: nie fertig, immer schwierig. Man kann über die Verhältnisse diskutieren, über die Wahlformen, die wir haben, ob die Legislaturperiode nur vier Jahre dauert, ob das klug ist oder weniger klug. Wir haben die verschiedensten Ebenen von Kommunalpolitik und Landespolitik. Wir haben den Föderalismus. Auch klug! Viele beneiden uns nicht nur um unser Grundgesetz, sondern um diese föderale Struktur. Wir haben die Zivilgesellschaft. Das ist ganz wichtig. Für mich ist eine Demokratie eine, die eine vitale Zivilgesellschaft hat. Sie ist der Ausdruck einer Demokratie, die lebt. Ich will in keiner Gesellschaft leben, wo ich überwiegend Konsens habe. Das macht mich skeptisch. Das ist für mich letztlich auch Totalitarismus. Demokratie lebt immer auch von Kollision und Streit. – Und auf unser Thema bezogen – Säkularisierung, Einfluss der Kirchen – darüber müssen wir streiten! Ich finde nur, Atheisten müssen lauter sein, müssen lauter streiten, müssen schauen, dass sie in diesen Parteien laut sind, dass sie in Gremien laut sind. Die sind zu ruhig. Laizismus kommt nicht vor. In den Medien kommt er nicht vor. Auf dem Podium sitzen vier Kirchenvertreter, Glaubensvertreter, es gibt spirituelle Akrobaten im Forum, aber es ist kein Atheist da. Und wenn, dann ist er verdruckt. Da müssen wir auch offensiver damit umgehen, nicht aggressiv, sondern offen: offen, klar und auch fordernder. Wo man die Möglichkeit hat – ich versuche, wenn ich irgendwo in Rundfunk- oder Fernsehformaten live bin, diese Position sofort einzubringen, mir Gehör zu verschaffen, Impulse zu setzen. Das fehlt mir woanders. Das ist zu ruhig. Das ist nicht explizit wahrnehmbar. Es gibt kleine Stiftungen, die Giordano-Bruno-Stiftung etwa oder andere. Aber im politischen Kontext, in der politischen Agenda kommen wir nicht vor.

Das Gespräch führte Bernd Leukert

Helmut Ortner stellt das Buch am Mittwoch, 2. Oktober 2019 im Haus der Wissenschaft in Bremen vor.

Dieser Artikel wurde zuerst auf Faust-Kultur veröffentlicht.

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Kommentare

  1. userpic
    Uwe Lehnert

    Man fragt sich schon, ob das verfassungsrechtliche Gebot der Trennung von Staat und Kirche nur eine Absichtserklärung ist, die im Zweifel hinter gesellschaftspolitischem Anspruch und kultureller Bedeutung der Kirche zurückzustehen hat? In der politischen Praxis jedenfalls findet eine von der breiten Öffentlichkeit ignorierte Vermischung staatlicher und kirchlicher Interessen und eine schleichende Wiederinanspruchnahme von alten kirchlichen Vorrechten statt, die in einem offenen Dialog keine Chance mehr hätten, akzeptiert zu werden. Die Kirche als Institution hat keinen politischen Auftrag, obwohl die Kirchen zunehmend als politische Parteien wirken. Müssen sie doch erkennen, dass ihnen mangels Glaubensbereitschaft die Schafe davon laufen und sie ihre Daseinsberechtigung inzwischen auf anderen Feldern wie dem Umweltschutz und »Bewahrung der Schöpfung« versuchen zu rechtfertigen.

    Sehr deutlich wurde die Tendenz zur weiteren »Verkirchlichung« unserer Gesellschaft am Beispiel des Umgangs der religiösen SPD-Spitze mit den ihnen absolut unerwünschten parteieigenen Laizisten. Die religiösen unter den führenden Parteimitgliedern stemmten (und stemmen) sich mit Macht gegen den Trend einer zunehmenden Säkularisierung der Gesellschaft. Wenn ich mich recht erinnere, war damals Gabriel als Parteivorsitzender maßgeblich gegen die Laizisten in der eigenen Partei eingestellt. Das war auch beim Aufkommen der »Beschneidungsdebatte« im Sommer 2012 an der Pawlowschen Reflexhaftigkeit erkennbar, mit der Regierung und Parteien sofort und ohne abwägend zu diskutieren die Position der Religionen einnahmen, dabei missachtend, dass der Staat hier eine weltanschaulich neutrale Haltung einzunehmen hätte und neben dem Erziehungsrecht religionstreuer Eltern noch andere Grundrechte, wie z. B. das Recht auf körperliche Unversehrtheit des Kindes, zu schützen hat.

    Mit der Legalisierung der rituellen Beschneidung, auch mit der faktischen Billigung des tierquälerischen Schächtens, hat m.E. die Religionsfreiheit einen unverhältnismäßig hohen Stellenwert bekommen, der sie anderen Freiheitswerten überordnet. Unser heutiger Staat hat damit einmal mehr seine weltanschauliche Neutralität aufgegeben. Sicherlich zur Freude jener großen Zahl von Abgeordneten, die in der Stärkung der drei großen Religionen einen Beitrag zur »moralischen Festigung« der Gesellschaft sehen. Insofern kommt ihnen der Islam als Religion sehr entgegen, stärkt er doch ganz allgemein die Rolle der Religion im Alltag und im gesellschaftlichen Leben. Vor allem stärkt er die Phalanx gegen die ungeliebten Säkularen und – Gott steh‘ uns bei – verhassten Atheisten.

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